Antje Schrupp im Netz

Infos zum Buddhismus

Siddharta Gautama, geboren vermutlich um 560 vor Christus in Nordindien, war einer von zahlreichen asketischen und wundertätigen Wanderlehrern seiner Zeit. Nach Jahren des intellektuellen und meditativen Studiums soll Gautama eines Nachts, in Yoga-Trance, die Erleuchtung erfahren haben, das Wissen um Leben und Tod, einen Zustand, in dem er keine irdischen Bedürfnisse und Begierden mehr hatte. In diesem Zustand hätte der Buddha – das heißt: der Erleuchtete – ins Nirvana eingehen können, jenen Seinszustand, der ihn aus dem Kreislauf der Wiedergeburten erlöst. Stattdessen predigte er aber noch 43 Jahre lang auf Erden den buddhistischen Weg und wurde so zum Begründer einer Weltreligion.

Der Buddha hinterließ bei seinem Tod keinen Nachfolger und auch keine feste Doktrin. Deshalb spalteten sich seine Anhänger und Anhängerinnen schon bald in viele unterschiedliche Richtungen und unzählige Schulen auf. Gemeinsam ist ihnen der Glaube an die so genannten vier edlen Wahrheiten: Erstens – alles Leben ist Leiden. Zweitens – dieses Leiden wird durch die Begierden verursacht. Drittens – die Begierden können überwunden werden und viertens – diese Überwindung geschieht durch einen bestimmten methodischen Weg, den man gehen muss. Ziel dieses Weges ist eben das Nirvana, der Ort, von dem man nicht wiederkommt, der den Kreislauf der Wiedergeburten durchbricht. Der Weg dahin ist je nach buddhistischer Schule unterschiedlich, ethisches Verhalten, das Mitleiden mit den Menschen und der Natur, meditative und asketische Übungen spielen dabei eine Rolle. Die wichtigsten buddhistischen Feste sind die Lebensdaten des Buddhas – seine Geburt, seine Erleuchtung und sein Eingehen ins Nirvana, wobei die genauen Daten aber von Land zu Land verschieden sind. Im Gegensatz zu dem hierarchischen hinduistischen Kastenwesen Indiens unterschied der Buddhismus von Anfang an nicht nach sozialen Schichten, sondern nur nach spirituellen Graden: Mönche, Laien, Nicht-Buddhisten.

Im Theravada-Buddhismus, der heute noch in Sri Lanka und in ganz Südost-Asien vorherrschend ist, geht man im allgemeinen davon aus, dass buddhistische Mönche – und teilweise auch die Nonnen – sich bereits auf dem Weg zur Erleuchtung befinden, während die Laien vorerst nur auf eine bessere Wiedergeburt hinarbeiten. Das hat auch Auswirkungen auf ihre soziale Rolle in der Gesellschaft. Buddhistische Laien müssen nur fünf Lebensregeln einhalten – nicht töten, nicht stehlen, nicht lügen, keine sexuellen Ausschweifungen und kein Drogenkonsum – während die Mönche fünf weitere Regeln befolgen müssen, die eine asketische Lebensweise und den Verzicht auf Luxus vorschreiben.

Im Mahayana-Buddhismus, der sich schon 140 Jahre nach Buddhas Tod abspaltete und heute vor allem in Japan, China und Korea vorherrschend ist, glaubt man dagegen, dass potentiell jeder Mensch unmittelbar die Erleuchtung erreichen kann. Den Weg dazu weist nicht nur die Lehre des historischen Buddha – neben ihm gibt es noch zahlreiche Bottisatvas, also bereits Erleuchtete, die ihr Leben der Lehre des rechten Weges widmen. Zu dieser Richtung gehört der Zen-Buddhismus, der auch im Westen auf große Resonanz gestoßen ist und der besonderen Wert auf die Meditation liegt. Eine Untergruppe des Mahayana ist der tantrische Buddhismus, der stärker esoterisch ausgerichtet ist, mit Mysterien arbeitet und in dem die Körperlichkeit eine große Rolle spielt – zu dieser Gruppe gehört der Tibetanische Buddhismus, der vor allem durch das Auftreten des Dalai Lama derzeit im Westen an Popularität gewinnt.


Sendung 1996 in hr2